Historie Bottwartalbahn
(Gekürzte Fassung von www.bottwartalbahn.de mit Fokus auf den nördlichen Streckenast, dessen letzte Meter einschließlich Südbahnhofgelände für die geplante Umwidmung zum Fuß- und Radweg vorgesehen sind – mit freundlicher Genehmigung der Autoren / Rechte bei Hans-Joachim Knupfer; weitere Infos finden sich auch in der Wikipedia unter >Bottwartalbahn und >Bahnhof Heilbronn Süd)
Wesen
(-> vollständiger Originaltext des Kapitels)
Die Bottwartalbahn war eine 34 Kilometer lange Lokalbahn zwischen Marbach am Neckar, Beilstein in Württemberg und Heilbronn Südbahnhof. Sie war eine Schmalspurbahn mit der Spurweite von 750 Millimeter. […] Die Strecke gehörte zum System staatliche Lokalbahnen der Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen (KWStE). Ab 1920 betrieb die Deutsche Reichsbahn (DRB) die Verbindung, ab 1948 die Deutsche Bundesbahn (DB). Der erste Abschnitt der Linie, der Südast Marbach – Beilstein, wurde 1894 eröffnet, die Fortsetzung nach Ilsfeld folgte 1899. Im Jahr 1900 wurde mit dem Nordast dann auch Heilbronn Süd erreicht. Damit war der Bau des zentralen Abschnitts abgeschlossen. Die nur dem Güterverkehr dienende Fortsetzung zum Abzweig Pfühl folgte 1901. Diese bildete die Gleisverbindung zur damaligen Kocherbahn Heilbronn – Schwäbisch Hall, heute Hohenlohebahn genannt, somit zum Bahnnetz der Regelspur. Damit konnten Güterzüge von Heilbronn Süd aus den Rangierbahnhof Heilbronn erreichen.
Zwischen Marbach und Talheim war die Strecke ausschließlich mit Schmalspur ausgeführt. Von Talheim bis Heilbronn Süd lag Drei-Schienen-Gleis: die kombinierte Anwendung eines Gleises, das sowohl von Zügen der Schmalspur wie der Regelspur gemeinsam befahren werden kann. Dabei dient eine der drei Schienen als gemeinsame Schiene für beide Spurweiten. […] Ab Heilbronn Süd bis zum Abzweig Pfühl besaß die Bottwarbahn Regelspur. […] Die Gütergleise von Talheim, Sontheim und Heilbronn waren stets regelspurig ausgeführt. Die Schmalspur diente hier nur für den Personenverkehr sowie als Verbindung für die schmalspurigen Güterzüge, um nach Heilbronn Süd zu gelangen, wo die Umlade- und Umsetzvorrichtungen eingerichtet waren. […]
Auf der Gesamtstrecke wurde von Anfang an durchgängig der so genannte Rollschemelverkehr eingeführt. Dadurch konnten Güterwagen der Regelspur ohne Umladen auf die Schmalspur übergehen, auch die meisten Spezialwagen.
Rollschemelbetrieb
(-> vollständiger Originaltext des Kapitels)
[…] Der Rollschemel ist ein kleiner (aber höchst massiver und schwerer) zweiachsiger schmalspuriger „Wagen“ – eher eine Art Rollengestell –, auf den je eine Wagenachse (Radsatz) des regelspurigen Güterwagens gesetzt wird. […] Ein Rollschemel besteht aus dem zweiachsigen Fahrgestell, in das eine massive Traverse einbezogen ist. Die Breite der Traverse entspricht etwa der Spurweite der Regelspur. Die Traverse besitzt an ihren äußeren Enden je eine massive Auflagerschale aus Stahlguss, in welcher je ein Rad des Regelspurwagens aufsitzt. […]
Das Auf- und Absatteln der regelspurigen Güterwagen geschieht in der so genannten (Roll-) Schemelgrube. Diese befanden sich in Marbach wie in Heilbronn Süd, anfangs auch auf allen Unterwegsstationen. […] Die Schemelgrube besteht aus zwei mehr oder weniger langen kräftigen, senkrecht aufgestellten Stahlblechtafeln, auf denen je eine Regelspurschiene verläuft. Das Schmalspurgleis liegt in der Grube versenkt. […]
Chronik
(-> vollständiger Originaltext des Kapitels)
Der Bau einer durchgehenden Verbindung zwischen Marbach und Heilbronn war schon mit den Vorplanungen für die Strecke vorgesehen, auch wenn die Verwirklichung nur in größeren Etappen mit zeitlichen Abständen vor sich ging. Die kleine Weingärtnerstadt Beilstein bildete jedoch vom Schwerpunkt her den natürlichen Scheitelpunkt des Verkehrs in beiden Richtungen, einmal zum Einzugsgebiet Marbach/Ludwigsburg mit seinen Gewerben, zum anderen nach der aufstrebenden Industriestadt Heilbronn. […]
Der Bau einer durchgehenden Verbindung zwischen Marbach und Heilbronn war schon mit den Vorplanungen für die Strecke vorgesehen, auch wenn die Verwirklichung nur in größeren Etappen mit zeitlichen Abständen vor sich ging. Die kleine Weingärtnerstadt Beilstein bildete jedoch vom Schwerpunkt her den natürlichen Scheitelpunkt des Verkehrs in beiden Richtungen, einmal zum Einzugsgebiet Marbach/Ludwigsburg mit seinen Gewerben, zum anderen nach der aufstrebenden Industriestadt Heilbronn. […]
Das Verkehrsaufkommen diente dem Bezirks- und dem aufkommenden Pendlerverkehr und natürlich jenen Schülern, die höhere Schulen in Marbach oder Heilbronn besuchten oder Fachschulen wie in Weinsberg. Im Fall der Bottwarbahn kam sonntags ein reger Ausflugsverkehr hinzu. […] Zur Spitzenzeit waren über 40 Personenwagen in Beilstein beheimatet, vier Personenzugumläufe gleichzeitig mit zehn oder mehr Wagen waren unterwegs, in der Regel zwei Zugumläufe pro Streckenast.
Im Güterverkehr diente die Bahn im Südast vorwiegend landwirtschaftlichen Produkten wie Zuckerrüben und natürlich Wein. […] Um Talheim nutzten zwei Steinbrüche die Bahn, einer südlich davon an der Schmalspurlinie und jener nördlich davon am Rauhen Stich. […] Wegen dieses von Anfang an eingerechneten Massenaufkommens war die dreischienige Ausführung der Bahn zwischen Talheim und Südbahnhof zustande gekommen, nachdem man zunächst an eine reine Schmalspurbahn gedacht hatte. […]
Am Nordast war der Südbahnhof der große Güterverteiler im südlichen Stadtbereich von Heilbronn. Zur Zeit seiner Erbauung, gemeinsam mit der Bottwarbahn, als deren letzte Etappe genau an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, befand sich hier der Stadtrand, bot sich das Wiesengelände als Standort der wachsenden Industrie bestens an. Diesen Bahnhof hätte es also mit oder ohne Bottwarbahn gebraucht. Die Bottwarbahn jedoch ging mit der Stadtentwicklung und dem Südbahnhof eine Symbiose ein: Sie nutzte den Anschluss Richtung Hauptbahn, ohne dass eine teure Neckarbrücke Richtung Hauptbahnhof gebaut werden musste. Für viele Güter aus Bottwar- und Schozachtal war das Stadtgebiet sowieso der Zielort. Das Gleiche galt erst recht für die Berufspendler, die hier ihrer Arbeit nachgingen. Nicht zuletzt kam der aufstrebenden Industrie auch in dieser Hinsicht der Lokalbahnanschluss zugute: Die Arbeitskräfte aus dem Schozachtal waren wohlfeil, ohne dass man ihnen in Heilbronn selbst Wohnungen bereitstellen musste. Doch auch wer in der Stadt selbst zu tun hatte, war vom Südbahnhof aus per Straßenbahn oder zu Fuß im Zweifel schneller am Ziel, als wenn er am entlegenen Hauptbahnhof angekommen wäre. Neben der Wahl der kostengünstigen Schmalspur war also auch die Anbindung der Bottwarbahn an den Südbahnhof, obwohl zunächst umstritten, sinnvoll und wohlüberlegt.
[…] Außer den schmalspurigen Anschlussgleisen gab es in Heilbronn auch regelspurige Privatgleise: in Sontheim zur Zwirnerei Ackermann, zwischen Sontheim und Südbahnhof zur Zuckerfabrik Heilbronn. […] Die Nährmittelfabrik Knorr (heute Uniliever) direkt am Südbahnhof erhielt ebenfalls ein Privatgleis (Anm.: Abzweig direkt hinter Bahnübergang Rathenauplatz/Charlottenstraße). […]
Bis Mitte der 1950er Jahre herrschte auf der Bottwarbahn florierender Verkehr. Der Fahrplan war relativ dicht. […] Dann begann die Bundesbahn, überwiegend parallel zur Bottwarbahn – wie anderswo auch – eigene Omnibusse (Bahnbusse) einzusetzen, weiter wurden Auftragsunternehmer damit durch die Bundesbahn betraut. Im Abschnitt Beilstein – Heilbronn erschien der Busbetrieb vorteilhafter, daher wurde dort schon bald der Fahrplan im Berufsverkehr ausgedünnt. Anfang der 1960er Jahre gab es dort auf der Schiene fast nur noch am Wochenende Züge. […] In der letzten Fahrplanperiode im Sommer 1966 war nur ein Zugpaar für den Berufsverkehr zwischen Marbach und Beilstein übriggeblieben. Mit dem Fahrplanwechsel Ende September 1966 endete auch dies und damit der gesamte Reisezugverkehr auf der Bottwarbahn.
Nun blieb der Güterzugbetrieb übrig. […] Mit Ende der Rübensaison 1967 endete der planmäßige unterjährige Güterzugverkehr der Schmalspur zwischen Ilsfeld und Heilbronn. […] In Talheim wurden ein kleines Tanklager, ein Chemiebetrieb und weitere Gewerbebetriebe bedient. Rübenverkehr wurde nun über Sontheim abgewickelt, weil die Zuckerfabrik von Heilbronn nach Jagstfeld umgezogen war. 1976 endete die Bedienung von Talheim. […]
Das Teilstück Heilbronn Süd – Sontheim diente zum Schluss fast nur noch dem Rübenverkehr, die Firma Ackermann wich der Wohnbebauung. Da die Rüben alleine als Saisongeschäft nicht lukrativ für die Bahn waren, endete 1985 diese Güterbedienung, das Gleis Südbahnhof – Sontheim wurde nun auch abgebaut. […] Im Umfeld des Heilbronner Südbahnhofs wurde die Ausweisung als Wohngebiet zunehmend attraktiver, während die Industrie begann, die nunmehr beengten Fabrikanwesen zu meiden und ins Umland zu gehen. Daher nahm das Güteraufkommen dort zunehmend ab. So wurde auch hier der offizielle Status als öffentlicher Güterbahnhof aufgehoben und die Anlage zum Schluss als Privatgleis angefahren. Zum Jahr 2000, nach genau hundert Jahren, war auch dies zu Ende. Die einstige Güterstrecke ist längst vom Netz abgehängt. Im Lerchenbergtunnel, davor und danach liegt überwuchert noch das Gleis. […]
Zeittafel
Zeittafel zur Bottwartalbahn (technisch-administrative Maßnahmen)
(-> Link zur vollständigen Zeittafel)
10. Mai 1894 – Eröffnung Marbach – Beilstein | Schmalspur 750 mm |
25. Nov. 1899 – Eröffnung Beilstein – Ilsfeld | Schmalspur 750 mm |
1. Dez. 1900 – Eröffung Ilsfeld – Talheim – Heilbronn Süd | Schmalspur 750 mm, ab Talheim Drei-Schienen-Gleis 750 mm + Normalspur 1435 mm |
11. April 1901 – Eröffnung Heilbronn Süd – Abzweig Pfühl (Anschluss zur Hauptbahn Heilbronn – Hall) | Normalspur 1435 mm, nur Güterverkehr; Aufnahme des normalspurigen Güterverkehrs Heilbronn Süd – Talheim |
24. Sep.1966 – Auflassung Personenverkehr Marbach – Heilbronn Süd | Schmalspur 750 mm |
31. Dez. 1968 – Auflassung Güterverkehr Großbottwar – Heilbronn Süd | Schmalspur 750 mm (Ende der Schmalspurbahn). Weiterhin Güterverkehr Marbach – Steinheim; Talheim – Heilbronn Süd (Normalspur) |
28. Mai 1976 – Auflassung Güterverkehr Talheim – HN-Sontheim | Normalspur |
28. Sep. 1985 – Auflassung Güterverkehr HN-Sontheim – Heilbronn Süd | Normalspur |
1. Aug. 1989 – Heilbronn Süd – Abzweig Karlstor als öffentliche Bahnstrecke aufgehoben und ab jetzt betrieblich als Bahnhofsgleis behandelt, Heilbronn Süd wird vom Bahnhof zur Anschlussstelle | Normalspur |
31. Dez. 1999 – Auflassung Gütertarifpunkt Heilbronn Süd | Ende der Bedienung im Güterverkehr = Ende des Gesamtverkehrs |
16. Aug. 2000 – Auflassung Bahnhofsgleis HN Süd – Abzweig Karlstor | Formale Auflassung der Infrastruktur (Stilllegung) durch Eisenbahn-Bundesamt |